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(Copyright A.W. Tüting)
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Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern In andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an einer Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegensenden, Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ... Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde ! |
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Schon riecht es scharf nach angewelkten Blättern Kornfelder stehen leer und ohne Blick; Wir wissen: eines von den nächsten Wettern Bricht unserm müden Sommer das Genick. Die Ginsterschoten knistern. Plötzlich wird Uns all das fern und sagenhaft erscheinen, Was heut wir in der Hand zu halten meinen, Und jede Blume wunderbar verirrt. Bang wächst ein Wunsch in der erschreckten Seele: Daß sie nicht allzu sehr am Dasein klebe, Daß sie das Welken wie ein Baum erlebe, Daß Fest und Farbe ihrem Herbst nicht fehle. |
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Am Hang die Heidekräuter blühn, Der Ginster starrt in braunen Besen. Wer weiß heut noch, wie flaumiggrün Der Wald im Mai gewesen ? Wer weiß heut noch, wie Amselsang Und Kuckucksruf einmal geklungen ? Schon ist, was so bezaubernd klang, Vergessen und versungen. Im Wald das Sommerabendfest, Der Vollmond überm Berge droben, Wer schrieb sie auf, wer hielt sie fest ? Ist alles schon zerstoben. Und bald wird auch von dir und mir Kein Mensch mehr wissen und erzählen, Es wohnen andre Leute hier, Wir werden keinem fehlen. Wir wollen auf den Abendstern Und auf die ersten Nebel warten. Wir blühen und verblühen gern In Gottes großem Garten. |
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Von der Wiege bis zur Bahre sind es fünfzig Jahre, dann beginnt der Tod. Man vertrottelt man versauert, man verwahrlost, man verbauert und zum Teufel gehn die Haare. Auch die Zähne gehen flöten, und statt daß wir mit Entzücken junge Mädchen an uns drücken, lesen wir ein Buch von Goethen. Aber einmal noch vorm Ende will ich so ein Kind mir fangen, Augen hell und Locken kraus, nehm´s behutsam in die Hände, küsse Mund und Brust und Wangen, zieh ihm Rock und Höslein aus. Nachher dann, in Gottes Namen, soll der Tod mich holen. Amen. |